Schnitt für Schnitt: so geht das

Wie komme ich mit der Motorsäge vom Stamm zur Figur? Ich produziere Sägmehl und Abhau. Und zwar richtig viel.

Es beginnt mit einer Idee – hier erzähle ich, woher sie so kommen. Bei den hier entstehenden Figuren interessierte mich die Frage: Wie finden Menschen ihre Balance, wenn sich der Boden neigt? Vier Antworten, Schritt für Schritt…

Bäume finden, vorbereiten
Vor dem ersten Figurenschnitt steht das Organisieren von Holz. Dafür kontaktiere ich Baumfäller, Forstbetriebe. Wenn das Lager hinter dem Atelier sich langsam leert, beginnt die Suche nach Eichen, Zedern, Lärchen, Linden, Mammut. Alle mit unterschiedlicher Eignung und Verfügbarkeit. Dieses Video zeigt eine Lieferung.

Aus den Stämmen werden entweder direkt Skulpturen; oder ich schneide sie mit einer grossen Motorsäge zu Stelen. Vier Zederstelen in der richtigen Grösse warteten auf diesen Balance-Akt.

Sehen. In mir oder vor mir.
Ich stelle mich vor die Stele und überlege mir, was im Holz steckt. Die ersten drei Figuren dieser Serie entstanden direkt aus inneren Bildern. Die vierte Figur sollte auf überkreuzten Beinen stehen, mit Blick aufs Smartphone und einer Tasche über der Schulter. Das wollte ich vor mir sehen, bevor ich es umsetze. Also habe ich vier Selfies mit Requisiten gemacht, von jeder Seite. Das Smartphone stand mir geduldig Modell. Nur bei grossen Skulpturen entsteht manchmal ein Holzmodell, zum Beispiel für den grossen Donald mit Teddy.

Im Holz platzieren. Von oben, im Anblick.
Mit Fettstiften markiere ich die Position: wo kommen der Kopf hin, die Schultern? Sind die Hände ausgestreckt? Ist ein Objekt auf Kopfhöhe oder darüber?

Wie nahe gehe ich an welchen Rand? Ist der Kopf einmal geschnitten, kann nichts mehr geschoben werden.

 

Loslegen. Freilegen.
Für Filigranes kommen die kleineren, elektrischen Sägen zum Zug. Von oben nach unten arbeite ich mich vor, im Rundgang um das Objekt, im Wechsel von Weitblick und Naharbeit. Das Schwert will geführt, gestossen, zurückgehalten werden – wie im Video ein wenig sichtbar . Und dazwischen immer wieder Akku wechseln, Öl nachfüllen, Kette schärfen oder auswechseln.

Sägmehl wegblasen, Boden wischen.
Neben dem Objekt steht ein Kompressor. Pressluft legt Stellen frei, wo ich genau arbeiten muss. Sägemehl und Restholz werden aufgewischt, wenn der Arbeitsplatz langsam zur Stolperfalle wird.

Immer wieder neu sehen, ausbessern.
Die Figuren stehen für eine Weile im Atelier. Wenn ich daran vorbeigehe, fallen mir neue Details auf. Dann wird vielleicht hier ein Schuh verkürzt, dort ein Arm genauer herausgeholt.

Malen. Stele sichern.
Jetzt kommt Farbe ins Spiel. Dazu mische ich Pigmente mit Lösungsmitteln auf Naturbasis. Dabei wird es still; ich geniesse den Weg zum gewünschten Farbton und die meditative Begegnung mit der eben geschöpften Form. Schliesslich ist je nach Aufbau der Skulptur eine Bodenplatte zu montieren.

Zeigen. Weitermachen.
Dann geht’s ans Fotografieren, Veröffentlichen, Ausstellen, vielleicht gleich Ausliefern. Und Anpacken der nächsten Idee.

Mal dabei sein? Rauf auf die Einladungsliste für offene Ateliers und Ausstellungen.

Eine Idee, vier Rohformen.