800 Jahre Klosters

Die Gemeinde Klosters hat das Resultat meiner Residenz angekauft, Die «Walserin» und April sind nun im Foyer des neuen Schulhauses ausgestellt, gegenüber dem Bahnhof Klosters Platz.

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Ich freue mich sehr, dass die beiden Figuren in Klosters bleiben und für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Man sieht sie durch das grosse Fenster gegenüber des Kulturschuppens. Wenn die Schule (Website) offen ist, kann man von ganz oben durch den Haupteingang nach unten zum Foyer neben der Turnhalle spazieren. Der Eingang vom Bahnhof her ist oft nur von innen zu öffnen.

Im Jahr 2022 wurde das alte Schulhaus im Rahmen des Jubiläums «800 Jahre Klosters – Walserstolz und Weltgeschichte» zum «Kunsthaus Klosters». 53 Künstlerinnen und Künstler und 9 Artists in Residence belegten 13 Räume und gestalteten verschiedene Aktionen. Die Jury hatte mein Jubiläumsprojekt «Zugewandert» ausgewählt; «April» und die «Walserin» entstanden im Sommer 2022 vor Ort. In den Residenznotizen erzähle ich Geschichten aus der Kunstklause zu Klosters.

klosters 800 kunsthaus Marcel Bernet holzbildhauer figürlich holzskulpturUm 1300 sind die ersten Walser Familien von Davos ins Schlappin gezogen, ein noch unbewirtschaftetes Seitental von Klosters.

«Kolonisten» nannten alte Schriften diese Zuwanderer. Ihr Fleiss und ihr Pachtzins brachte den Feudalherren genug Nutzen, um Niederlassung zu gewähren.

 

klosters kunsthaus Marcel Bernet holzbildhauer figürlich holzskulpturWer wandert heute nach Klosters? April und Lawrence Llibre haben South Carolina verlassen, um hier ihren Lebensabend zu verbringen.

Die Niederlassungsbewilligung ersetzt den Lehensbrief, Steuern den Pachtzins, Ämter die ehemaligen Feudalherren.

 

Begegnung ohne Wertung
Der Anblick der beiden rund 180 cm grossen Figuren zeigt Gleichheiten und Unterschiede: «April» und die «Walserin» sind bepackt – für eine Wanderung samt Buch, fürs Einsammeln von Brennholz.

Wurden Walser pensioniert? Hatte ihre Zeit einen integrierten Pulsmesser? Wissen wir noch, wo Kräuter wachsen und wie sie wirken? War früher alles besser? Das sind Gedanken, die für mich bei der Recherche auftauchten. Doch die beiden Frauen verkörpern Veränderung, ohne sie zu werten.

Und weil sich Geschichte im Hier und Jetzt schreibt, erhellen zwei Texte den persönlichen Hintergrund des Aufbruchs:

Walserin
Zugewandert 1300 von Davos nach Schlappin

Walser Frau Holzskulptur Klosters 800 Marcel Bernet holzbildhauer figürlich«Trockenes Holz liegt genug herum, hier oben ist ja nur Wald. Ich hoffte auf mehr Gras, doch das Roden und Räumen liegt jetzt an uns.
Klar, die ersten Jahre auf nie genutztem Land sind hart; das bin ich mich gewohnt. Mit meinen Eltern sind wir von Oberitalien ins Landwassertal gekommen. Hier bauen wir Streusiedlungen auf. Unten bei den Romanen versteht man unser Walserdeutsch nicht, aber wir verständigen uns auch so, wenn es mal nötig ist.
Meine grösste Hoffnung ist, dass mit Gottes Segen die Tiere gedeihen und uns noch ein paar Kinder geschenkt werden für die Arbeit.»

April
Zugewandert 2022 von South Carolina USA nach Selfranga

Porträt einer Frau in Klosters Marcel Bernet holzbildhauer figürlich holzskulptur«Fünf Sommer waren wir hier in den Ferien, dann haben wir drei Jahre überlegt. Und entschieden: den Rest unseres Lebens verbringen wir in Klosters.
Klar, der Übergang ist schwierig. Alles ist neu und wir kennen erst wenig Leute. Unser Holzhaus in Mountain Rest haben wir verlassen und in Selfranga eine neue Wohnung gefunden.
Ich lerne gerade eine Sprache, die hier niemand spricht: Deutsch. Ob ich je Dialekt verstehen werde?
Unsere grösste Hoffnung ist, dass wir mit der Pensionierung unser Leben ruhiger nehmen können – und gesund bleiben.»

Meine «Residenznotizen» sammeln Eindrücke rund um meinen Aufenthalt in Klosters – eine Art Tagebuch zwischen Sägen und Sinnieren.

Danke an April und Lawrence Llibre für ihr Mitmachen, die Historiker Christoph Luzi, Florian Hitz, Peter Guler für Angaben zur ersten Walser Zuwanderung nach Klosters, die Gemeinde Klosters für die Lärchenstämme, die Steuergruppe des Kunsthaus Klosters für ihr grossartiges Projekt und die Unterstützung vor Ort.

18.07.2022 - 30.11.2022

Jeweils am Freitag 17-20 Uhr, Samstag und Sonntag 14-17 Uhr

Kunsthaus Klosters

Kontrast der Formen im Foyer.